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Was Paracetamol, Ibuprofen & Co gefährlich macht
#1
Was Paracetamol, Ibuprofen & Co gefährlich macht
Von Jörg Zittlau | Stand: 21.07.2016 | Lesedauer: 6 Minuten

[Bild: Tabletten-und-Pillen-in-Originalgr-e.jpg]
Bei älteren Patienten verursachen Schmerzmittel bis zu dreißig Prozent der schweren Magen- und Darmgeschwüre

Quelle: picture alliance


Deutsche Apotheken verkaufen jährlich Schmerztabletten für 500 Millionen Euro. Kein Medikament wird häufiger und unbedachter eingenommen. Paracetamol, ASS und Ibuprofen gelten als harmlos – ein Irrtum.


Ein paar Kaffeebecher waren es, die Wissenschaftler der University of Kentucky zum Nachdenken brachten. Sie hatten Probanden einen solchen Becher geschenkt und ihnen gesagt, dass sie ihren Becher verkaufen dürfen, den Preis sollten die Probanden selbst festlegen. Doch vorher mussten die Teilnehmer noch eine Tablette schlucken. Entweder enthielt diese Paracetamol – oder sie war ohne Wirkstoff.
Das Erstaunliche: Wenn die Teilnehmer vorher Paracetamol eingenommen hatten, verlangten sie im Durchschnitt vier Dollar für den Becher. Zwei Dollar weniger als die Teilnehmer aus der Kontrollgruppe, die das Placebo genommen hatten. Mit Schmerzmittel im Körper wurde die Ware also um ein Drittel günstiger hergegeben. Schmerzmittel lindern also nicht nur körperliche Schmerzen, sondern auch den Schmerz von finanziellen Verlusten.
Als Erklärung vermutet Studienleiter Nathan DeWall, dass Paracetamol nicht nur Fieber und Kopfschmerzen  lindert, sondern auch den Schmerz bei der Trennung von Eigentum. Oder vom eigenen Geld – viel davon auszugeben, verursacht Menschen meist unangenehme Gefühle. „Ein Schmerzmittel kann diese Empfindung betäuben.“
Das ist nicht die einzige Nebenwirkung von rezeptfreien Schmerztabletten.

Rezeptfreie Schmerztabletten so gefragt wie nichts anderes
Kein Medikament nehmen Menschen häufiger ein. Bei Erkältungen, Ziehen in den Knochen, dem Kopfweh nach einem anstrengenden Tag, Zahnreißen, Frauen nehmen sie gegen Regelschmerzen . Schmerztabletten liegen auf Nachttischen, in Büroschubladen, in Handtaschen bereit. Paracetamol, Acetylsalicylsäure (ASS), Ibuprofen, kombinierte Präparate, je nach persönlicher Vorliebe.



ASS – GESCHICHTE EINES SCHMERZMITTELS

In deutschen Apotheken werden jährlich Schmerzmittel im Wert von 500 Millionen Euro verkauft. Nicht einmal zwanzig Prozent der Pillen sind von Ärzten verschrieben worden. Man kauft sie sich einfach. Gern auch im Ausland, in vielen Ländern gibt es die Pillen im Supermarkt, neben Deo und Duschgel, in preiswerten Großpackungen. Das ist kein Problem, wenn man mit den Tabletten umzugehen weiß – und dazu gehört, dass man ihre Risiken  kennt.
Laut Angaben der Schmerzklinik Kiel nehmen die Deutschen allein gegen Kopfschmerzen jedes Jahr mehr als 2,5 Milliarden „Schmerzmitteleinheiten“ ein. Am beliebtesten ist das Mittel Thomapyrin – elf Millionen Packungen im Jahr verkaufen deutsche Apotheken. Es handelt sich um ein Kombi-Präparat aus ASS, Paracetamol und Koffein.



Warnung vor Schmerzmitteln mit Koffein
Experten warnen vor Schmerzmitteln, in denen Koffein steckt. Die Cochrane Collaboration, ein internationales Netzwerk unabhängiger Wissenschaftler, kam nach Durchsicht entsprechender Studien zu dem Schluss , dass Koffein die schmerzstillende Wirkung nur mäßig verstärkt. Es verstärkt aber die Nebenwirkungen, und sein anregender Effekt verführt dazu, ein Präparat zu oft einzunehmen. Die Stiftung Warentest stuft Kombi-Präparate mit Koffein als „wenig geeignet“ ein.
Doch auch die anderen, leicht verfügbaren Pillen bergen mehr Risiken, als man denkt. Die Einnahme von Paracetamol etwa kann nicht nur die Geschäftsfähigkeit von Menschen beeinflussen. Laut einer Studie der Ohio State University stumpfen Menschen unter dem Einfluss des Wirkstoffs insgesamt emotional ab. Die Forscher zeigten Studienteilnehmern Fotos von abgemagerten oder verstümmelten Kindern. Wenn die Probanden das Schmerzmittel genommen hatten, reagierten sie gleichgültiger. Die Forscher sprechen von einem emotionalen Drop-out, der unter Paracetamol einsetzt: einem Absacken aller Gefühle.
Lange galt gerade Paracetamol unter den frei verkäuflichen Schmerzmitteln  als besonders harmlos und sogar für Kinder geeignet. Doch das gute Image bröckelt. Die emotionale Abstumpfung gehört zu einer Vielzahl von Nebenwirkungen, die Wissenschaftler in letzter Zeit entdeckt haben.



Paracetamol erhöht Risiko für die Leber
Auch weiß man, dass Paracetamol das Risiko stark erhöht, ein akutes Leberversagen zu erleiden . Einige Mediziner raten bereits dazu, vor der Einnahme die Leber im Ultraschall zu begutachten.
Vor zwei Jahren berichtete die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA von drei Patienten, bei denen die Einnahme von Paracetamol zu schweren Überempfindlichkeiten geführt hatte. Ein Patient entwickelte eine sogenannte toxisch-epidermale Nekrolyse. Seine Haut starb ab und löste sich blasenförmig auf. Als die FDA daraufhin im Zeitraum von 1969 bis 2012 nach ähnlichen Fällen fahndete, stießen die Forscher auf mehr als hundert ähnliche Überempfindlichkeiten. Zwölf Menschen waren nach der Einnahme von Paracetamol gestorben.
Die Nebenwirkungen von Paracetamol können heftig sein. Hinzu kommt, dass die Wirkung im Verhältnis zu den Nebenwirkungen schwach ist. Das British Medical Journal hat gerade Studien ausgewertet und kommt zu dem Schluss, dass Paracetamol bei Arthrose nur sehr gering wirkt, bei Rückenschmerzen so gut wie gar nicht. Dafür sei das Nebenwirkungsrisiko, vor allem für die Leber, umso schwerwiegender.



Alternativen zu Paracetamol
Die in Deutschland geltende „Nationale Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz“ empfiehlt Paracetamol nicht als Mittel der ersten Wahl. Es tauge zwar für einen Behandlungsversuch, den man aber abbrechen sollte, wenn sich die Schmerzen nicht binnen einer Woche deutlich bessern.
Doch was sind die Alternativen? Dass Wirkstoffe wie ASS, das in Aspirin enthalten ist, und Ibuprofen eine stärkere Schmerzhemmung bewirken, ist bekannt. Aber das könnte auch bedeuten, dass sie emotional stärker dämpfen.
Auch diese Wirkstoffe, die zur Gruppe der sogenannten nicht-steroidalen Entzündungshemmer (die Abkürzung lautet NSAID, nach dem englischen Begriff) gehören, können weitere unangenehme Nebenwirkungen  haben. Sie schalten ein Enzym namens Cyclooxygenase aus, das nicht nur Entzündungen beeinflusst, sondern sich auch auf die Magen- und Darmschleimhaut auswirkt.



Geschwüre nach Entzündungshemmern

Etwa jeder fünfte Patient, der über längere Zeit einen Wirkstoff aus der Gruppe der NSAID einnimmt, bekommt ein Geschwür im Verdauungstrakt. Bei Patienten, die älter sind als 65, seien zwanzig bis dreißig Prozent aller Krankenhausaufenthalte wegen Magen- und Darmgeschwüren auf die Einnahme von Schmerztabletten zurückzuführen, sagt die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft.
Die Schmerzmittel greifen allerdings den Verdauungstrakt nicht in gleichem Maße an. Ibuprofen wirkt weniger aggressiv, das beliebte und häufig verkaufte ASS ist gefährlicher. Das Mittel Ibuprofen erfährt in letzter Zeit ohnehin eine Rehabilitation.
Lange war es in Deutschland nur auf Rezept erhältlich, erst 1989 wurde Ibuprofen zum freien Verkauf zugelassen. Zunächst nur in kleinen Tabletten, in denen nur 200 Milligramm des Wirkstoffs steckten. Man befürchtete, dass Ibuprofen nicht nur Magen und Darm stark angreift, sondern auch die Blutgerinnung stört.



Ibuprofen mit vergleichsweise wenig Nebenwirkungen
Zehn Jahre später wurden die 400-Milligramm-Tabletten freigegeben. Die Befürchtungen gelten als überholt – und Ibuprofen als Mittel mit vergleichsweise wenig Nebenwirkungen.
Forscher fanden sogar Hinweise auf eine lebensverlängernde Wirkung. Ibuprofen stimuliert in den Zellen die Produktion bestimmter Aminosäuren. Würmer und Fruchtfliegen lebten länger als unbehandelte Artgenossen, wenn man sie mit Ibuprofen fütterte. „Und sie waren bis ins hohe Alter aktiv“, sagt Michael Polymenis von der Texas A&M University, der die Studie geleitet hat. Aber bisher ist keineswegs sicher, dass das auch für Menschen gilt.
Wer auf alle Tabletten lieber verzichten will, um weder Leber noch Magen in Gefahr zu bringen, kann versuchen, seine Schmerzen mit pflanzlichen Mitteln zu mildern. Für einige Wirkstoffe liegen mittlerweile solide Wirkungsnachweise vor, etwa für die Pestwurz. Das Kraut wurde bereits im alten Griechenland als krampflösendes Mittel eingesetzt, beispielsweise bei Asthma.



Pflanzliche Schmerzmittel bei Kopfschmerzen
Dieser Effekt erstreckt sich laut klinischen Studien offenbar auch auf die Blutgefäßkrämpfe der Migräne. Pestwurz enthält zwar potenziell schädliche Alkaloide, pflanzeneigene Giftstoffe, doch die werden hierzulande bei der Herstellung der Extrakte ausgewaschen.
Auch Einreibungen mit Pfefferminzöl helfen nachweislich. Auf Stirn und Schläfen wirkt das Öl kühlend – und hemmt die Übertragung der Schmerzen vom peripheren an das zentrale Nervensystem.
Bei Untersuchungen der Schmerzklinik Kiel zeigten die Einreibungen bei Patienten mit Spannungskopfschmerzen ähnliche Erfolge wie Paracetamol- und ASS-Tabletten. Wie sie auf das Geschäftsverhalten wirken, ist nicht bekannt.


© WeltN24 GmbH 2016. Alle Rechte vorbehalten.




(Quelle: https://beta.welt.de/gesundheit/article1...macht.html ) (Die Seite existiert leider nicht mehr)
(Ersatzquelle: https://www.welt.de/gesundheit/article14...macht.html )
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#2
Ich kann mich noch erinnern, das man in den 80ziger Jahren war das glaube ich, die Thomapyrin oder wie die hiessen eingestellt hatte wegen leberschädigender Wirkung. Heute kann man die wieder frei kaufen mit gleichen Inhaltsstoff.
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#3
Hab den Beipackzettel im Inet gefunden. Lade diesen mal ins Forum hoch.

Meine Mutter hat früher immer Thomapyrin genommen, kann mich noch gut daran erinnern.


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Alles Liebe
Gabi
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